Prof. Dr. Manfred Henningsen: Obama und der Mythos Amerika

21-06-10

Liebe Clubmitglieder,

sehr geehrte Gäste,

 

 

Der Club von Berlin bittet zu Vortrag und anschließender Diskussion mit

 

Prof. Dr. Manfred Henningsen:

 

Obama und der Mythos Amerika

 

am Montag, dem 21. Juni 2010, um 20.00 Uhr

(Einlass ab 19.30)

in den Clubräumen, Jägerstraße 1, Berlin-Mitte

Empfang ab 19.30 Uhr.

 

Moderation: Prof. Dr. Bernd Henningsen, Humboldt-Universität zu Berlin.

 

 

Manfred Henningsen lehrt seit 40 Jahren politische Wissenschaft an der University of Hawai’i in Honolulu. Im Club von Berlin hat er 2002 über vergleichenden Völkermord referiert. Er veröffentlichte 1974 das Buch Der Fall Amerika, das sich mit europäischem Anti-Amerikanismus beschäftigte. Im vergangenen Jahr hat er das lange versprochene Gegenstück zu seinem ersten Amerika-Buch veröffentlicht, nämlich „Der Mythos Amerika“.

 

In diesem Band in der von Hans Magnus Enzensberger begründeten und nun von Klaus Harpprecht und Michael Naumann weitergeführten „Anderen Bibliothek“ widerspricht er der Kernthese des amerikanischen Selbstverständnisses, dass die Amerikaner im Gegensatz zu anderen Gesellschaften unbelastet von der Vergangenheit die Herausforderungen der Gegenwart meistern. Er legt nahe, dass die mythischen Erzählungen der Selbstvergewisserung den Blick auf die amerikanische Ökonomie der Gewalt verstellt haben. Die Weigerung, dieses Gewaltsyndrom anzuerkennen, hat die Entstehung einer Rhetorik der amerikanischen Auserwähltheit gefördert, die immer wieder zur Rechtfertigung innen- und außenpolitischer Fehlentscheidungen geführt hat.

 

Mit der Wahl Barack Obamas zum 44. Präsidenten haben die Vereinigten Staaten begonnen, die Vergangenheit von Sklaverei, Apartheid und Rassismus symbolisch zu bewältigen, gleichsam die 200jährigen Verwerfungen in einem neuen politisch-geistigen Verständnis der Republik aufzuheben. Die Schwierigkeiten, denen er im ersten Jahr seiner Präsidentschaft begegnet ist, beweisen jedoch, dass seine Wahl die Konturen der amerikanischen Politik keineswegs dramatisch geändert hat. Das Beharren auf einem allein ideologisch zu verstehenden Mythos der amerikanischen Exzeptionalität erschwert die Verwirklichung der rational begründeten politischen Projekte, die Obama vorgelegt hat, und zwingt ihn oft, wie z.B. bei der Gesundheitspolitik, zu tiefgreifenden Kompromissen.

 

Bernd Henningsen                   Percy MacLean

(Mitglied)                               (Vorsitzer)